Bürger*innen und Kommunalpolitiker*innen fordern eine Verbesserung des §35 Abs. 1 Nr. 2 BauGB "Bauen im Außenbereich" des Bundes-Baugesetzbuch. Wir fordern eine Änderung der Privilegierung für gartenbauliche Gebäudekomplexe, deren Dachflächen 1 Hektar übersteigt. Gartenbauliche Anlagen mit mehr als 1 Hektar Dachfläche sollen zukünftig -wie jedes andere Bauvorhaben auch- am kommunalen Baugenehmigungsverfahren teilnehmen. Gleiches Recht für Alle.
Wir bitten um Ihre Unterstützung und Mitzeichnung dieser Online-Petition beim Deutschen Bundestag.
Kommunalpolitiker*innen in ganz Deutschland brauchen ein verbessertes Baurecht. Bürger*innen brauchen ein Mitspracherecht.
Gewächshäuser aller Art gelten innerhalb des dt. Bundes-Baugesetz als eine Anlage die der "gartenbaulichen Erzeugung dient". So regelt der §35 Abs.1 Nr. 2 BauGB das Bauvorhaben grundsätzlich zulässig sind, wenn sie der gartenbaulichen Erzeugung dienen. Diese Regelung wurde vor über 20 Jahren in 1998 im Baugesetzbuch verankert.
Kritisch sehen wir Kommunalpolitiker*innen: Der aktuelle §35 Abs.1 Nr. 2 BauGB schafft ein uneingeschränktes Baurecht für gartenbauliche Gebäude - unabhängig davon, wie groß die überbaute Fläche des Bauvorhabens ist. Weil §35 BauGB die Zulässigkeit bestätigt und damit ein gesetzliches Baurecht ausspricht, deshalb gilt:
Kommunen müssen diese gartenbauliche Bauvorhaben nicht genehmigen. Jedes dieser Bauvorhaben ist per Gesetz bereits zulässig.
Der Gesetzestext: "wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen" adressiert die sogenannten "Träger öffentlicher Belange" und erfordert, dass sie im Verfahren angehört werden. Gemeint sind hier z.B. Naturschutzbehörden, Wasserwirtschaftsämter oder eben die Kommune. Als Träger öffentlicher Belange können Kommunen im Verfahren lediglich ihr Einvernehmen erteilen oder es nicht-erteilen. Beides bleibt ohne Gewicht.
Das Einvernehmen hat juristisch nicht den Stellenwert wie man es von einer Zustimmung im Baugenehmigungsverfahren annehmen würde. Das Einvernehmen hat schlicht nichts mit einer Baugenehmigung zu tun. Das Einvernehmen einer Kommune ist -je nach Landes-Verwaltungsrecht- im Verfahren sogar faktisch unbedeutend.
In Bayern und Hessen ist die Erteilung eines Einvernehmens verfahrensrechtlich nicht zwingend erforderlich. Denn in dem Fall, dass die örtliche Gemeinde ihr Einvernehmen nicht erteilt, tritt an ihre Stelle die übergeordnete Aufsichtsbehörde (z.B. das Landratsamt). Damit ist der sogenannte Selbsteintritt der Aufsichtsbehörden gemeint, den es im bayrischen und hessischen Verwaltungsrecht gibt. Die Aufsichtsbehörde wiederum muss das Einvernehmen erteilen, wenn die Voraussetzungen des §35 BauGB erfüllt sind.
Der Bayerische Gemeindetag ist der Ansicht, „dass eine koordinierte,
raumverträgliche bauliche Nutzung des Außenbereichs
und ein schonender Umgang mit der Kulturlandschaft nur möglich sind,
wenn die Steuerungsmöglichkeiten der kommunalen Bauleitplanung
und der Regionalplanung gestärkt werden“, Positionspapier, Seite 15, 2018
Alle Bauvorhaben, die der gartenbaulichen Erzeugung dienen (Gewächshäuser), dürfen derzeit
Viele Bürger*innen, aber auch manche Kommunalpolitiker*innen glauben, dass Kommunen über jedes Gebäude und über jeden Bauantrag zu entscheiden hätte. Diese Annahme ist falsch. Das Bundesbaugesetz gilt bundesweit in jeder Kommune. Im Außenbereich ist für Mega-Gewächshäuser weder ein Bauleitplan noch ein Bebauungsplan notwendig.
„Agrarökologie statt Agrarkapitalismus“
Dr. Markus Söder, Bay. Ministerpräsident 7/2020
Auf der Suche nach Rendite sind mehr Investoren als je zuvor bereit, Millionen Euro in Fabrikähnliche Gewächshäuser zu investieren. Es ist eine Folge des Klimawandels, dass die klimatechnischen Rahmenbedingungen den Gemüseanbau auch in Gebieten möglich machen die vorher dafür ungeeignet erschienen.
Kapitalstarke Agrar-Investoren aus dem In- und Ausland sind gemeinsam mit Gemüsebauern im ganzen Bundesgebiet auf der Suche nach neuen Standorten für Gewächshäuser mit einer Größe von mehreren Hektar.
Hinter dem Vorzeichen "landwirtschaftlicher Betrieb" werden Agrarfabriken für Millionen Euro projektiert. Damit verbunden sind für jede Kommune diese Probleme:
„Zur Realisierung der Änderungen sollte Bayern im Bündnis
mit anderen Ländern eine große Bundesratsinitiative ergreifen“
Josef Göppel, CSU, MdB,
Vorsitzender des Dt. Verbands für Landschaftspflege, Seite 11, Antwort 7, Punkt 8
Es kann nicht sein, dass Kommunen mehr Mitspracherechte bei jedem Carport besitzen, aber dagegen bei einem 10-Hektar großen XXL-Glashaus kein substanzielles Mitspracherecht besitzen. Kommunen brauchen ein Mitspracherecht bei gartenbaulichen XXL-Bauvorhaben im Außenbereich um die Interessen der Bürger und der lokalen Landwirte ausdrücken zu können.
Bürger und Kommunalpolitiker fordern: Großflächen-Bauvorhaben für gartenbauliche Erzeugung müssen ab einer bestimmten Dachflächengröße in einer üblichen kommunalen Bauleitplanung und Genehmigungsverfahren behandelt werden. Gleiches Recht für Alle.
Felder- Vieh- und Forstlandwirte sind von diesem Änderungsvorschlag nicht betroffen. Sie bauen nach §35 BauGB Abs.1 Nr. 1.
Gemüsebauern können weiterhin privilegiert im Außenbereich expandieren, solange das Bauvorhaben und alle im Gesamtzusammenhang stehenden Dachflächen 1 Hektar nicht überbauen. Alle größeren Bauvorhaben der Agrarfabriken sollen zukünftig in einem kommunalen Bauleitverfahren entschieden werden.
"Die Entwicklung der landwirtschaftlichen Betriebe in einer Gemeinde sollte über Bebauungspläne reguliert werden."
Prof.Dr. Ortwin Peithmann,
Akademie für Raumforschung und Landesplanung
Reformbedürftigkeit des §35 BauGB, 2017